Donnerstag, 5. Mai 2022

Selbstoptimierung


Selbstoptimierung ist die Bezeichnung für einen gesellschaftlichen Trend, nach individueller Perfektion zu streben. Selbstoptimierung ist ein Milliardenbusiness. Nur schon die Ratgeber-Literatur: Schlank und gesund kann man werden, glücklich oder Millionärin, eine gute Mutter, ein besserer Small-Talker oder eine gewieftere Netzwerkerin, und natürlich auch ein erfolgreicher Manager oder eine selbstsichere Businessfrau - wenn man bloss ein paar simple Ratschläge befolgt, die allesamt vermutlich wissenschaftlich erhärtet sind … und falls nicht, immerhin am Einzelfall erprobt …. und falls auch das nicht, zumindest plausibel klingen.
Das ist alles nicht neu. Einigermassen neu ist, dass wir uns dank Facebook und Tinder nicht nur monatlich, sondern im Sekundentakt mit anderen messen können. Relativ neu ist, dass wir unsere Körper mit elektronischen Armbändern vermessen, dass wir hilfreiche Apps herunterladen, dass wir unsere Daten analysieren lassen können. Günstig wie nie sind auch Bildbearbeitungsprogramme, die uns schöner aussehen lassen als wir sind. Die neue Technologie scheint uns zu helfen, bessere Menschen aus uns selbst zu machen und das ist doch zunächst einmal schön.
Leider steigt bei allem, das zu einer Art Volkssport wird, der Druck mitzumachen. Selbstoptimierung ist daher etwas in Verruf geraten und gilt teils nachgerade als Schimpfwort. Die neuste Generation von Ratgebern, leitet dazu an, sich die ganze Selbstoptimierung «scheissegal» sein zu lassen. Ich vermute mal, mit mässigem Erfolg. Denn Ehrgeizige und Selbstunsichere lassen sich durch den Ratschlag nicht beruhigen, man solle bei diesem mörderischen Vergleichsspiel einfach aussteigen. So einfach ist das nämlich nicht. Und es lässt die Lesenden mit der Erkenntnis zurück, dass sie weder so hübsch noch so intelligent oder so erfolgreich sind, wie es der gesellschaftliche Druck fordert, aber eben auch nicht so hartgesotten, sich selbiges «scheissegal» sein zu lassen. Was dann leider selten zu wirklich erhebenden Momenten führt. Eher in die Depression. Aber bei Depressionen gibt es ja dann zum Glück auch wieder Ratgeber und Apps und so weiter.
Lebt unsere Gesellschaft tatsächlich im Selbstoptimierungswahn? Machen wir uns, soweit uns Kollegen nicht in Grund und Boden mobben, tatsächlich selbst fertig? – Einiges spricht dafür, aber das Problem ist im Grunde optional: Besser werden zu wollen ist kein Problem, besser werden zu müssen hingegen schon. Darum lohnt es sich, die eigene Motivation genauer zu untersuchen:  Warum möchte ich besser werden? Bin ich neugierig und abenteuerlustig? Oder habe ich nur das Gefühl, dass man irgendetwas Bestimmtes heutzutage besser können sollte als ich es kann? – Diese Frage ist nicht immer leicht zu beantworten. Ich hätte da auch einen schlauen Ratschlag: «Liegen Sie ab und zu in einem bequemen Stuhl und sehen Sie den Wolken zu. Denken Sie, soweit es möglich ist an nichts, und falls Sie doch etwas denken, hören Sie wieder damit auf.» – Dieser Ratschlag klingt simpel. Das ist er auch, aber einfach auszuführen ist er durchaus nicht. Erwarten Sie nicht, dass das Denken etwas ist, das man einfach so abstellen kann, sondern machen Sie sich darauf gefasst, dass Sie es immer wieder loslassen müssen. Das Loslassen der Gedanken ist nichts was gelingt, indem keine Gedanken mehr kommen, sondern indem man in einem folgenden Moment tatsächlich die Wolken wahrnimmt … und sich danach nicht die Spur von ärgert, wenn man sich wenige Sekunden später wieder beim Denken ertappt. Wenn Sie das immer wieder mal tun – vielleicht täglich 10 Minuten während ein paar Wochen - dann finden Sie mit grosser Treffsicherheit heraus, was Sie wirklich wollen. Was Ihre Motivation ist. Warum Sie Selbstoptimierung betreiben. Wenn Sie also schon Selbstoptimierung betreiben wollen, dann betrachten Sie regelmässig die Wolken. Das ist meines Wissens mit Abstand die beste Selbstoptimierung.

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