Als Inspiration bezeichnet man eine plötzliche Idee oder Eingebung, die zum Schaffen von etwas Neuem anregt. Leider wird der Begriff heute inflationär verwendet. Kaum ein Referat, kaum eine Begegnung, die nicht auf LinkedIn von jemandem als «inspirierend» bezeichnet würde. In Anlehnung an Andy Warhol, hätte man in den 60ern auch sagen können: «In the future everybody will be inspiring for 15 minutes.» Das Inflationäre mache ich daran fest, dass die Inspirierten selten darüber berichten, dass sie anschliessend Neues geschaffen hätten. Bin ich hier ungerecht? Bin ich zu streng?
Vielleicht schon. Vielleicht ist der Zustand des inspiriert-Seins per se interessant und man sollte ihn unabhängig davon betrachten, ob dann Konkretes daraus folgt. Es ist ein Zustand, indem ich etwas für möglich halte, das mir bisher unmöglich schien. Etwa, dass man C02 aus der Luft wieder herausfiltern, oder dass man tonnenweise PET-Flaschen aus dem Meer fischen und kostendeckend aufbereiten kann. Klar ist man inspiriert, wenn man solche Geschichten zum ersten Mal hört. Und klar folgen da auch nicht gerade konkrete Handlungen. Das inspiriert-Sein könnte als Gegengewicht zum deprimiert-Sein verstanden werden, das einen überkommen kann, wenn man übliche Nachrichten liest. Dieses Gegengewicht hat vielleicht einen Wert an sich.
In modernen Führungsansätzen wird zuweilen behauptet,
Führungskräfte sollten ihre Mitarbeitenden inspirieren. Woher bitte, sollen
denn die Führungskräfte das können? Und wie sollen sie das nicht nur einmal,
sondern immer wieder von Neuem schaffen? Wo bitte, ist die handhabbare Theorie
der Inspiration, an der wir ein modernes Managementtraining anlehnen könnten? In
der Managementliteratur bin ich nicht fündig geworden.
Ich habe mir daher Zeit genommen, genauer nachzudenken, was mich selbst inspiriert
hat und bin auf drei Sorten von Informationen gestossen. Die erste Sorte sind
Erfolgsgeschichten. Die Inspiration erfolgt durch ein «Wow!» kombiniert mit dem
nachfolgenden Gedanken: Wenn die oder der das kann, dann kann ich es vielleicht
auch. Die zweite Sorte sind wissenschaftliche Studien, die bisher nur vage
vermutete Zusammenhänge klar belegen. Wenn wir etwa durch Meditation
tatsächlich unsere Hirnstrukturen verändern können, dann halte ich es
vielleicht für möglich, dass wir bessere Menschen werden. Und die dritte Sorte
sind «Anleitungen»: Wenn ich eine überzeugende Anleitung lese, die mir zeigt, wie
ich jemandem eine Bitte abschlagen kann, ohne mich dabei schlecht zu fühlen, dann
bin ich durchaus inspiriert: Ich halte etwas für konsequent möglich, was bisher
nur manchmal geklappt hat. - Ob ich mich daran erinnere, wenn ich diese
Information das nächste Mal gebrauchen kann, steht auf einem anderen Blatt.
Nicht umsonst gibt es den Spruch: «Innovation besteht nur zu 1% aus Inspiration
… und zu 99% aus Transpiration.» Es ist halt Knochenarbeit. Es braucht halt Überwindung.
Es braucht halt Selbstdisziplin. Stimmt. Trotzdem ist etwas für möglich zu
halten eine grosse Kraft, ohne die oft nichts geht.
Ist Inspiration lernbar? Schwer zu sagen. Sicher ist: Die
Erfolgsgeschichten, die überraschenden Studien und die Anleitungen müssen nicht
nur hochwertig sein und mit für unerreichbar gehaltenen Zielen zusammenhängen,
nein, sie müssen auch auf einen offenen Geist stossen. Sonst gibt es keine
Inspiration.
Apropos offener Geist: Habe ich eine vierte Art der Inspiration übersehen?
Den Perspektivenwechsel? - Die Weihnachtsgeschichte stellt die Geburt eines erbärmlich
armen Kindes nicht als etwas Banales dar, sondern als das, was es wirklich ist,
wenn wir unseren Geist dafür öffnen: ein Wunder. Vielleicht ist sie darum für
viele inspirierend.
Bildnachweis:Jordan Singh
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