Samstag, 3. Februar 2018

Mitarbeiterzufriedenheit

Unter „Mitarbeiterzufriedenheit“ - oder politisch korrekt, aber holpriger: „Mitarbeitendenzufriedenheit“ - versteht man in der Praxis meist einen Index, typsicherweise auf der Skala von 1-10, der die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden wiedergeben soll. Er wird von grossen Arbeitgebern regelmässig erhoben und nicht selten mit Spannung erwartet, etwa nach einer Reorganisation oder einem Führungswechsel. Eigentlich schön, dass sich Vorgesetzte so um ihre Mitarbeitenden kümmern, dass sie die Kosten nicht scheuen und auch unangenehmen Wahrheiten ins Gesicht schauen wollen. Nur leider steigt mit der Erhebung der Mitarbeiterzufriedenheit selbige nicht automatisch an. Hier sind vier geläufige Schritte, wie man es als Unternehmensleiter oder Personalchef falsch machen kann.

[Die Befragung trägt nichts zur Zufriedenheit bei - ausser...]

Erstens. Bei der Umfrage kommt heraus, dass 18% der Mitarbeitenden unzufrieden und 9% sehr unzufrieden sind. Publizieren Sie diese Zahlen intern und kommentieren Sie: „Ich bin stolz darauf,  dass doch 73% unserer Mitarbeitenden zufrieden oder sogar sehr zufrieden sind“. Beweisen Sie damit, dass Sie selbst in peinlichen Situationen noch positiv denken können. Zeigen Sie damit aber auch Pragmatismus, indem Sie Probleme verharmlosen, von denen Sie nicht wissen, wie man sie anpacken sollte. - Zweitens. Befragen Sie die Mitarbeitenden auch gleich nach den Ursachen ihrer Zufriedenheit oder Unzufriedenheit. Stellen Sie dabei fest, dass viele gerne mehr Lohn hätten. Beklagen Sie, dass der Markt leider nicht mehr hergibt. Und setzten Sie dann die ersehnte Lohnerhöhung trotzdem um, allerdings nur für das höhere Kader. Begründen Sie Ihre Massnahmen mit den Marktkräften. Es klingt gut, stützt Ihre Autorität und man kann es kaum widerlegen. - Drittens. Es kommt dabei heraus, dass in der Abteilung B die Werte niedriger sind als in den übrigen Abteilungen. Versuchen Sie das geheim zu halten aus Rücksicht auf den betreffenden Abteilungsleiter. Ignorieren Sie die Tatsache, dass in Ihrer Firma ohnehin jeder weiss, dass die Stimmung in dieser Abteilung schlecht ist. Führen Sie mit dem Leiter der Abteilung B ein vertrauliches Gespräch, das zwar zu nichts führt, aber immerhin können Sie nachher sagen, Sie hätten es versucht. - Viertens. Machen Sie eine unglaublich komplizierte Statistik. Stellen Sie dann fest, dass es zu kompliziert ist und lancieren Sie ein Projekt zur Vereinfachung der Kennzahlen, für das Sie hochqualifizierte Spezialisten einstellen. Wundern Sie sich, dass Sie viel Geld fürs Personal ausgeben, selbiges aber partout nicht dankbar dafür sein will.
             Falls Sie der Meinung sind, diese Schritte seien bereits zur Genüge ausprobiert worden, sind hier noch zwei Schritte, wie man es besser machen kann. Erstens. Unterscheiden Sie bei der Befragung verschiedene Arten der Arbeitszufriedenheit. Zum Beispiel: Zufrieden, weil resigniert und damit abgefunden. Zufrieden, weil eigentlich ist es schlecht, aber es wird sicher bald besser. Zufrieden weil man sich für das Unternehmen engagieren kann. Oder zufrieden, weil es keine Vorschriften gibt und jeder tun und lassen darf, was er will. Verwenden Sie je nach Kontext vielleicht doch lieber wissenschaftliche Bezeichnungen für diese verschiedenen Arten von Zufriedenheit, aber führen Sie auf jeden Fall Gespräche mit Mitarbeitenden und Führungskräften darüber, welche Art von Zufriedenheit in Ihrer Firma erwünscht ist und was zu tun wäre, um sie zu erreichen. Und dann: Tun Sie mindestens versuchsweise, was Ihnen die Mehrheit jener Mitarbeitenden rät, die Sie allgemein für engagiert und kompetent halten; selbst wenn Sie nicht ganz überzeugt sind. – In kleinen Firmen macht es Sinn, auf teure Erhebungen zu verzichten, wenn Sie im Gegenzug umso intensiver mit den Mitarbeitenden darüber sprechen, was sie brauchen, um einen guten Job zu machen. Ob sie jemanden haben in der Firma, dem sie wirklich vertrauen. Ob sich jemand um ihre Entwicklung kümmert. Wann sie das letzte Mal Anerkennung für ihre Arbeit erhalten haben und warum. Was sie von der Arbeitseinstellung der Kollegen halten und ob die strategischen Unternehmensziele für sie Sinn ergeben. - Hören Sie darauf, was man Ihnen sagt. Falls Sie dann später die Mitarbeiterzufriedenheit doch noch erheben wollen, können Sie sicher sein, dass diese ihr Gespür bestätigen wird. Und nutzen Sie sie vor allem, um zu entdecken, was gute Führungskräfte richtig machen und um ihnen dafür grosszügig Anerkennung zu geben. Dann werden die motivierenden Führungskräfte zu Vorbildern für die anderen. So würden Mitarbeiterbefragungen schliesslich doch dazu beitragen, Mitarbeitende zufriedener zu machen.


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