Freitag, 3. März 2017

Intuition



Hat Sie Ihre Intuition jemals getäuscht? - „Eigentlich nie“ ist die Antwort, die man von fast allen erhält. Sind wir tatsächlich intuitiv praktisch unfehlbar? Na dann … folgen wir doch einfach der Intuition und gut ist. Wozu noch lange Ratgeber studieren, warum mühsam Angebote vergleichen, warum an einer Hochschule sich bilden? Steve Jobs, der Gründer von Apple, war ja auch ohne Studium erfolgreich.

[Mit Intuition liegen wir nicht immer richtig, aber bequem.]

Diese Schlussfolgerung scheint logisch, aber wir vermuten auch irgendwie alle, dass sie nicht ganz zulässig ist. Unsere Intuition sagt uns, dass unsere Intuition nicht so perfekt ist, wie sie uns erscheint.
Forschungen zur Intuition bestätigen dies. Sie zeigen Erstaunliches: Wer versucht, sich am Bildschirmrand laufend  eingeblendete Aktienkurse zu merken ist damit heillos überfordert. Kurz danach gefragt, welche Aktien man kaufen sollte, entspricht die Trefferquote einem rein zufälligen Ergebnis. Wer sich jedoch die Sendung ansieht und die eingeblendeten Kursangaben nicht beachtet, hat eine höhere Trefferquote. Das Nichtbeachten der Information scheint ein Vorteil zu sein. Wow, wer hätte das gedacht? Noch ein Beispiel: Wer aus wenigen Autos den passendsten Geschäftswagen aussuchen soll, fährt am besten durch rationales Bearbeiten der vorliegenden Information. Wer hingegen aus sehr vielen Autos das Beste wählen soll, ist mit einem solchen Verfahren überfordert. Er entscheidet am besten, wenn er alle Angebote kurz zur Kenntnis nimmt, und sich dann mit etwas anderem beschäftigt, gewissermassen das Unbewusste mit derEntscheidungsvorbereitung beauftragt, und danach intuitiv entscheidet. Solches wissen Forscher aus entsprechenden Studien, wir normale Menschen hingegen scheinen davon nichts zu wissen, auch nicht intuitiv. Wenn wir Sie vor die Wahl stellen würden: Möchtest Du lieber 5 Minuten die Angebote studieren und dann 25 Minuten ein Kreuzworträtsel lösen, oder doch eher 30 Minuten Dich mit dem Entscheid befassen? – Wer würde ernsthaft die erste Variante in Betracht ziehen, wenn es um einen echten Entscheid geht, der eine Stange Geld kostet? – Eben.
Forschungen zeigen noch Weiteres auf, nämlich dass sich die Intuition sehr einfach manipulieren lässt. Läuft im Weingeschäft im Hintergrund Chopin, greifen wir eher zu einem Französischen Wein, spielt eine Blaskapelle, eher zu Deutschem. Wie naiv ist das denn? Obendrein würden viele bestreiten, intuitiv gehandelt zu haben, sondern (er-)finden gute Gründe, warum sie von Anfang an genau diesen Wein wollten. Finden wir in einem gepflegten Detailhandelsgeschäft die Getränkeflaschen auf einer Eisenbahnpalette oder die Socken auf einem Wühltisch, dann „wissen“ wir intuitiv, dass der Preis günstiger ist als wenn die Waren im Gestell sind – auch wenn es nicht stimmt.  Natürlich machen sich die Detailhändler unsere irrige Intuition zu Nutze. Besonders bemerkenswert ist dieser Punkt: Haben wir uns einmal eine Meinung gebildet, dann bleiben wir dabei, auch wenn neue Informationen und neue Argumente auftauchen. Wir bleiben hartnäckig unserer ersten Intuition treu. Sollte sich die ursprüngliche Einschätzung als falsch erweisen, wäre das zwar dumm, aber wenn wir die Meinung wechseln und dann damit falsch liegen, sowas tut erst richtig weh. Darum betreiben wir intuitiv Selbstschutz - auf Kosten einer hohen Wahrscheinlichkeit, auf das falsche Pferd zusetzen.
Ein ganz besonderer Trick, den die Intuition uns spielt, ist dieser: Wenn wir eine Entscheidung intuitiv richtig gefällt haben, erinnern wir uns später an das Erfolgserlebnis. Wenn wir eine Entscheidung intuitiv falsch gefällt haben, dann vergessen wir die Geschichte oder schieben anderen Faktoren die Schuld die die Schuhe. So können wir ein tolles Selbstbild aufrechterhalten und an das bequeme Märchen von unserer praktisch unfehlbaren Intuition weiterhin glauben, wie es eingangs erwähnt wurde. – Tief in uns drin wissen wir aber, dass unsere Intuition nicht so treffsicher ist, wie wir‘s gerne hätten. Und unsere Intuition würde bestimmt treffsicherer, wenn wir uns das eingestehen würden. – Okay, ertappt: Dafür habe ich keinen Beleg. Diese Behauptung ist reine Intuition. Aber ich würde wetten, dass sie stimmt.

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