Samstag, 7. Januar 2017

Gut

Güter sind, wie der Name sagt, wahrscheinlich gut. Warum sonst würden sie so heissen? Jedenfalls sind Güter, insbesondere wenn wir den Begriff breit auffassen und Dienstleistungen mitmeinen, wirtschaftlich absolut zentral. Ein Gut ist gut, weil es nützt. Es nützt den Menschen, die es konsumieren, so wäre es erst einmal gedacht. Nur leider gibt es paradoxerweise auch schädliche Güter. Um diese soll er hier gehen.

[Wie kann sich der Mensch vor seinen Schwächen schützen?]

Die erste Kategorie schädlicher Güter ist an sich simpel, denn sie betrifft schädliche Nebenwirkungen direkt bei den Menschen, welche sie konsumieren. Giftige Lebensmittel etwa oder Autos, bei denen das Gaspedal manchmal klemmt. Solche Güter sind in aller Regel staatlich verboten. Die Ökonomie hat da nichts einzuwenden: Es wäre ineffizient, müssten Konsumenten erst selbst herauszufinden, welche Lebensmittel allenfalls giftig wären, um in der Folge auf sie zu verzichten. Es ist so selbstverständlich, dass dies kaum in einem Lehrbuch erwähnt wird. – Praktisch ist das dann nicht mehr ganz so selbstverständlich, wenn es etwa um Grenzwerte für Uran im Mineralwasser oder für Quecksilber in Fischgerichten geht. Da stehen nämlich Interessen der Industrie gegen Interessen der Konsumenten. Und wenn auf jedem Rückspiegel stehen muss, dass Objekte im Spiegel näher sein können als es scheint, fragt man sich, ob die Regulierung nicht etwas zu weit geht. Das ist nicht simpel, aber doch überschaubar.
Die zweite Kategorie schädlicher Güter sind solche mit „externem Effekt“. Diese Güter haben Nachteile für Menschen, die weder Konsument noch Produzent sind, also für zunächst Unbeteiligte. Der Schadstoff oder CO2-Ausstoss eines Autos könnte darunter fallen, ebenso wie die Lärm-Emission eines Motorrads. Mit der Ökonomischen Theorie lässt sich wunderbar erklären, warum der Markt unter diesen Umständen „versagt“, warum aus gesellschaftlicher Warte zu viel von diesen Gütern produziert und konsumiert wird. Und obendrein wird noch erklärt was zu tun sei: Definieren von Eigentumsrechten, etwa mit Verschmutzungszertifikaten oder Einführen von Lenkungsabgaben. Das ist alles in den Lehrbüchern abgehandelt, erforscht und zumindest in der Theorie abgehakt. – Die Praxis ist allerdings schwierig, wie es sich an jeder Klimakonferenz zeigt. Und wenn eine mal erfolgreich ist, wie die letzte, dann zeigen sich die praktischen Schwierigkeiten umso mehr im Nachgang bei der Umsetzung. Auch das ist nicht simpel, aber es ist ebenfalls überschaubar.
Die dritte Kategorie hingegen ist wirklich knifflig: Güter, welche die Konsumenten zunächst nicht schädigen, dann aber sehr wohl bei „übermässigem Gebrauch“ zu Schäden zuführen. Da wären einmal Zigaretten und Alkohol zu nennen aber auch fett- und zuckerhaltige Esswaren. Zudem auch Bewegung einsparende Einrichtungen wie Rolltreppen und Aufzüge. Grundsätzlich gestehen wir allen Menschen die Freiheit zu, sich selbst zu schädigen. Die Wirtschaftswissenschaft redet sich als  „wertneutral“ heraus, wenn sie Umsätze in den Märkten für Alkohol, Sex und Drogen ebenso zum Bruttosozialprodukt zählt wie etwa Möbel oder Kugelschreiber. Die direkt gesundheitsschädigenden Esswaren sind ja bereits verboten. Warum konsumieren Menschen Esswaren in einer Art, dass sie sich dabei selbst schädigen, übergewichtig und krank werden?
Die Wirtschaftswissenschaft hat darauf keine schlüssige Antwort. Sie kann gar keine schlüssige Antwort haben denn sie geht ja von der Nutzenmaximierung aus: Menschen, die sich selbst schädigen, kann es gar nicht geben, denn sie sind in der Ökonomie wegdefiniert worden. In der Praxis  ist aber mangelnde Selbstdisziplin ein gewichtiges Problem. Menschen wüssten vielleicht schon, wie sie sich vernünftigerweise verhalten sollten, aber das dann auch zu tun, gelingt oft nicht. Die Ökonomie ist folglich ziemlich ungeeignet, die Frage zu beantworten:  Wie kann sich der Mensch vor seinen eigenen Schwächen schützen, ohne dabei seine Freiheit zu verlieren? Sich nur schon einzugestehen, dass das eine wirklich relevante Frage ist, das wäre schon mal gut.

-------------------------------------- Das subjektive Wirtschaftslexikon ---------------------------------

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