Freitag, 7. Juni 2019

Kinderspiel

Als «Kinderspiel» bezeichnen wir Aufgaben, die wir für besonders einfach halten, insbesondere dann, wenn es andere nicht so sehen: Das Projekt vom Kollegen Müller? Das ist doch ein Kinderspiel! – Den Umsatz um 3% steigern? Kinderspiel! – Der Ausdruck wird oft zur Verhöhnung anderer eingesetzt, dabei steckt hinter diesem Begriff viel mehr.

[Von spielenden Kindern können Manager etwas lernen.]

Ein tatsächliches Kinderspiel wird von Kind selbst wohl als angenehm empfunden, aber es ist durchaus nicht unbedingt einfach. Ein Kinderspiel ist die Tätigkeit des Kindes, bei der es mit angeborener Neugier und Lust dem Spieltrieb folgt und sich dabei selbst kennenlernt, seine Umgebung erkundet und sein Rollenverständnis in der Gesellschaft entwickelt. Hat das in der Welt der Erwachsenen, in der Welt des Wettbewerbs und des Business Platz? Oder ist einfach einmal fertig lustig, jetzt bitte auf Leistung umstellen?  - Um das zu beantworten, beobachten wir doch einmal, nach welchen Prinzipien ein Kinderspiel funktioniert:

1.    Folge hartnäckig dem Lustprinzip: Kinder können hundertmal fragen. Auch wenn sie negative Antworten bekommen. Sie geben nicht auf. Wir Erwachsene betrachten uns als «vernünftig», aber aufzugeben, was uns im Grunde wichtig ist, ist ziemlich dumm. Welche vergessenen Wünsche und Sehnsüchte sollten wir unbedingt wieder ausgraben?
2.    Habe keinen Plan: Kleine Kinder fangen an und schauen, was passiert. Sie lassen sich am Sandkasten auf Neues ein. Schaufel, Eimer und ein paar Förmli genügen. Wann machen wir eine Fahrt ins Blaue, ohne zu planen? Wann wählen wir auf dem Nachhauseweg einfach mal eine andere Route? 
3.    Scheitere mit Interesse: Kinder können schon auch mal weinen, aber sie lernen etwas daraus, wenn die Sandburg zusammenfällt, wenn ihr Spielzeug kaputt geht. Sie sind offen für Anregungen, wie man Dinge anders anpacken könnte, um andere Resultate zu erhalten. Erst Erwachsene machen sich Vorstellungen, wie die Welt zu sein habe und hadern hartnäckig dann damit, dass sich die Welt partout nicht an diese Vorstellung halten will.
4.    Lebe im Moment: Kleine Kinder können eine Baustelle betrachten und bekommen gar nicht genug. Sie können eine Schnecke beobachten und sich in der Betrachtung verlieren. Wir Erwachsene haben oft nach kurzer Zeit genug gesehen. Wir könnten uns inspirieren lassen, nochmals zu schauen und nicht bloss zu wissen, was es zu sehen gibt. Fast immer entdecken wir dabei etwas Neues.
5.    Nimm Menschen wahr: Kleine Kinder wissen nicht, dass man anderen nicht länger als eine halbe Sekunde in die Augen blicken sollte. Sie können ohne Anstrengung den Blickkontakt mit fremden Leuten halten, sich für sie interessieren. Als Erwachsener kann man das nicht auf dieselbe Weise tun, aber man könnte eine andere, sozial akzeptierte Art entwickeln. Zum Beispiel, indem man dazu lächelt. Und indem man sich nicht sofort ein Urteil über die andere Person bildet.
6.    Tanze: Kleine Kinder haben soziale Normen nicht verinnerlicht. Sie finden es daher nicht peinlich, mitten auf der Strasse zu tanzen, wenn Strassenmusikanten aufspielen. Wir brauchen es den Kindern nicht gerade gleich zu tun, aber wir könnten ja mindestens mal mit dem Bein zu wippen und den Oberkörper dazu etwas bewegen. Trauen wir uns? Vielleicht eher, wenn Kinder da sind, die wir uns zum Vorbild nehmen können.
7.    Lache: Kinder tun oft Dinge, einfach weil sie lustig sind. Wann ist uns zum Blödeln zu Mute? Wie hoch sind die Hürden, damit wir solche Stimmungen zulassen? Wäre es wirklich schlimm, wenn die Hürden etwas tiefer wären?

Es leuchtet ein, dass uns dies alles zufriedener und glücklicher machen würde. Und Studien belegen dies auch. Nur leider gibt es wenige Chefs, die Derartiges gutheissen. Das ist ironisch, denn weitere Studien belegen zudem, dass wir leistungsfähiger und widerstandsfähiger werden, wenn wir uns an diesen Prinzipien orientieren. Leistung und Widerstandskraft, das müsste den Chefs doch ganz gut gefallen. Wir könnten das Kinderspiel im Geschäftsleben doch eigentlich ganz gut gebrauchen. Solange wir das aber nicht selbst begreifen, müssen wir Geld für teure Motivationstrainer ausgeben, die uns dann die einfachsten Dinge beibringen. Haben wir das wirklich nötig? Zum Glück gibt es junge Menschen, die mehr erwarten von der Arbeit als den Lohn dem Konto. Sie erwarten, dass arbeiten Spass macht und dass man dabei jeden Tag etwas Neues lernen kann. Zum Glück gibt es Unternehmen, die begreifen, dass der überall geforderte Wandel in Richtung Agilität, Kreativität und Selbstorganisation einfach besser funktioniert, wenn man Aufgaben spielerisch angeht. Aber die Prinzipien des Kinderspiels in einer Unternehmung konsequent anzuwenden, ist alles andere als ein Kinderspiel.


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