Montag, 28. August 2023

Aufschieberitis (Prokrastination)

 

Photo by Brett Jordan on Pelxles

Warum nur ist es so anstrengend, stets die richtigen Entscheide zu fällen? Da möchte man ein guter Mensch sein, die richtigen Dinge tun und dann ist das verdammt schwierig, sogar wenn es eigentlich ganz einfach wäre. Wer hat sich sowas ausgedacht? Warum konnte die Evolution uns das Leben nicht etwas einfacher machen?

Nun, wir möchten eben Dinge, die wir gerne mögen, am liebsten gleich haben und nicht erst später. Das macht Sinn. Auch aus Evolutionssicht. Ohne diesen Antrieb würden wir immer alles aufschieben und kämen zu nichts. Aber auch mit diesem Antrieb klappt es nicht so richtig. Bei langfristigen Vorhaben kommt immer etwas Nettes dazwischen, das wir sofort haben können. Und dann müssen wir uns wehren, selbst wenn es offensichtlich ist, dass das Nette uns nirgendwo hinführt und uns unser langfristiges Ziel viel wichtiger ist. Und das ist eben anstrengend und geht manchmal nicht. Und dann sitzt man da. Und anstatt sich endlich der wichtigen, langfristigen Sache zu widmen, googelt man «Prokrastination». Und man liest, dass es nicht einfach ist und dass andere das Problem auch haben. Man fühlt sich sofort besser - aber man kommt trotzdem nicht voran.

Oder man liest vom berühmten Marshmallow Experiment: Kinder, die es länger vor einer fein duftenden Süssigkeit ausgehalten haben, ohne sie zu essen, waren in ihrem Erwachsenenleben wesentlich erfolgreicher. Und schon ist man deprimiert, weil nun glasklar ist, dass den Belohnungsaufschub zu beherrschen wirklich wichtig wäre und man kommt sich chancenlos vor, angesichts der eigenen Unzulänglichkeit. Die womöglich angeboren ist. Und jetzt kommt man erst recht nicht weiter.

Bestenfalls stösst man dann auf brauchbare Tipps aus der Psychologie. Einer ist, grosse Aufgaben in kleine Pakete aufzuteilen und diese zu terminieren. Das Abschliessen eines Paktes ist zumindest psychologisch gesehen eine Belohnung. Der zu überwindende Belohnungsaufschub ist so weniger krass. Ein anderer ist, sich vorher festzulegen. Am besten macht man, wenn Fitness das Ziel ist, mit jemandem gemeinsam zum Joggen ab, immer dienstags um 17h30. Dann gibt es nichts zu entscheiden, nur noch auszuführen und der soziale Druck, die Kollegin oder den Kollegen nicht hängen zu lassen, hilft mit. Oder man begibt sind in einen Raum, in dem man möglichst nicht abgelenkt wird, etwa in eine öffentliche Bibliothek, und schliesst das eigene Handy im Garderobenkasten ein.

Besonders interessant finde ich die Anregung, sich in das zukünftige Selbst hineinzuversetzen. Aus dieser Perspektive lässt sich fragen: Möchtest Du jemand sein, der in den letzten zwei Monaten nie joggen gegangen ist und stattdessen immer auf dem Handy rumgespielt hat, oder jemand, der in den vergangenen zwei Monaten achtmal joggen war? -  Das erscheint mir eine ungewöhnliche Strategie, die nur wenige schon ausprobiert haben. Funktioniert sie? - Aus eigener Erfahrung und aus Gesprächen mit anderen vermute ich, dass sie besonders dann erfolgreich ist, wenn man sie mit Meditation kombiniert: Wenn man es schafft, sich in einen mentalen Zustand zubringen, in dem man alles freundlich betrachten kann, sogar die eigenen Unzulänglichkeiten. Zielstrebige Menschen mögen befürchten, dass ein wichtiger Antrieb fehlt, wenn man nicht streng ist mich sich selbst. Ich vermute, es sind vor allem solche, die Selbstfürsorglichkeit noch nicht so wirklich von Herzen ausprobiert haben. Wir brauchen Momente, in denen wir uns treiben lassen und wir brauchen Momente, in denen wir uns engagiert etwas Grossem widmen. Wenn wir diese beiden Pole mit Weisheit und Freundlichkeit ausbalancieren, wird Unglaubliches möglich. Ohne, dass es uns überanstrengt.

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