[Wie kommen Menschen dazu, sich weniger zu ärgern?]
Sie können einfach so fragen, oder die gut validierten fünf Fragen von Ed Diener verwenden oder auch den ausgefeilten Oxford Happiness Fragebogen mit 24 Fragen. Das spielt keine Rolle. Entscheidend sind zwei andere Dinge. Erstens sollten Sie genügend Personen befragen, so etwa tausend wären gut. Das gibt einen wirklich seriösen Anstrich und danach können Sie verschiedenste Untergliederungen machen: Männer vs. Frauen, Zentralschweizer gegen Ostschweizer, Verheiratete vs. unverheiratete, Junge versus Alte. Wenn Sie das schön säuberlich gemacht haben, dann sind Sie schon fast fertig. Jetzt brauchen Sie zweitens nur noch ein paar Hypothesen. Sollten Sie diese versehentlich weglassen oder aus übertriebener wissenschaftlicher Zurückhaltung viel zu vage formulieren, helfen Ihnen Journalisten gerne nach. Sie sind ausgebildet darin, die Dinge zuzuspitzen.
Danach können wir in geneigten Gazetten und Blogs Ratschläge
wie die folgenden lesen, die alle anscheinend wissenschaftlich fundiert,
verbrieft und unwiderlegbar bewiesen sind:
- Tipp 1: Bleiben Sie bei Ihrer Nationalität, sofern Sie bereits Schweizer oder Schweizerin sind. - Wie nützlich ist das denn? Wer hatte vor, seine Schweizer Nationalität aufzugeben? Auswanderer vielleicht, aber Ausgewanderte wurden gar nicht befragt.
- Tipp 2: Lassen Sie sich nicht scheiden. - Danke für den Tipp, das hatte ich auch nicht vor. Aber bei Paaren, die sich ständig streiten oder sich nichts mehr zu sagen haben, und nur solche stehen zur Debatte, bleiben berechtigte Zweifel, ob dieser Rat ein guter ist.
- Tipp 3: Wohnen Sie in der Innerschweiz. - Ich weiss nicht, ob ich mit meinem Dialekt
dort willkommen bin und wie sehr der überlange Arbeitsweg dann negativ ins
Gewicht fällt. Und überhaupt, könnte es nicht sein, dass es leicht deprimierend
ist, als Normalo unter den Allerglücklichsten zu leben?
- Tipp 4: Bilden Sie sich. - Endlich etwas Vernünftiges! Aber bringt dieser Ansatz etwas, wenn man
bereits Professor ist? Schliesslich ist Bildung anstrengend und mitunter recht
kostspielig.
- Tipp 5: Bleiben Sie ewig 16 oder, falls schon
zu spät, werden Sie möglichst rasch 65. - Bei
mir ist es eher schon spät, also gut, ich beeile mich… und was mache ich in der
Zwischenzeit?
- Tipp 6: Werden Sie reich. - Alles klar. Ich nehme an, wir alle wissen ja, wie das Reichwerden geht. Im Kleingedruckten wäre dann noch nachzulesen, dass man es auf eine Art tun sollte, die einen nicht allzu sehr an die Nieren geht, denn der Effekt ist im Vergleich zum Aufwand leider sehr bescheiden.
Man muss nicht studiert haben um zu erkennen, dass die
Ratschläge bestenfalls einen Schmunzler wert sind. Der Vorteil einer höheren
Bildung liegt lediglich darin, dass wir nicht einfach sagen, „das ist Schrott“,
sondern präzise festhalten können „auf Basis von soliden Daten sind unzulässige
Schlüsse gezogen worden“. Aber ob uns das glücklicher macht?
Nachdem Sie sich selbst und die Glücksforschung nun
öffentlich blamiert haben, können Sie sich Wilhelm Busch’s Diktum zu Herzen
nehmen: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert.“ Das wäre
dann schon eher angewandte Glückforschung. Aber auch hier stellt sich die
Frage: Nützt Ihnen der wissenschaftliche Beweis etwas, dass Menschen
lebenszufriedener sind, die in negativen Ereignissen auch gute Aspekte erkennen?
– Wenn Sie sich grün und blau ärgern, sind Sie für schlaue Tipps kaum zu haben,
und wenn Sie es ohnehin schon gelassen nehmen, brauchen Sie den Tipp nicht. Eine
wirklich entschiedene Frage zum Beispiel ist die: Wie kommen Menschen dazu, sich weniger zu
ärgern? Und zwar weniger oft, weniger lang und weniger intensiv.
Interessanterweise hat die Glückforschung darauf bereits recht taugliche
Antworten gefunden. Nur stehen sie meist nicht in Magazinen, Blogs oder
Zeitungen. Und schon gar nicht unter dem Titel Glücksstatistik.
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P.S.: Sogenannte „Positive Interventionen“ helfen, und besonders
nachhaltig wirkt das Meditieren; letzteres kann man in Abendkursen in 8 Wochen seriös lernen.
Wer mehr wissen will googelt „Lyubomirsky“ respektive „MBSR“.
---------------- Das subjektive Wirtschaftslexikon von Alexander W. Hunziker -------------------
- Anreiz - die Theorie dazu stimmt leider nicht
- Achtsamkeit - wird in keinem Wirtschaftslexikon definiert, sollte aber
- Ehrgeiz - eine wichtige Triebfeder der Wirtschaft mit Nebenwirkungen
:-)
AntwortenLöschenAuch :-), habe mich beim Lesen köstlich amüsiert.
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