Was leicht aussieht, wird oft erst als schwierig erkannt,
wenn man versucht es nachzumachen. So scheint zum Beispiel die menschliche
Fähigkeit etwas zu versprechen, als etwas relativ Banales. Soll sie aber
Robotern beigebracht werden erkennen wir, wie vielschichtig das Ganze ist. Das
Entscheidende an einem Versprechen ist natürlich nicht, es zu geben, sondern es
dann auch einzuhalten … naja, wenigstens meistens. Es erfordert die Fähigkeit
zur Selbstverpflichtung.
[Werde ich je einem Roboter etwas versprechen?]
Ökonomisch gesehen ist das interessant, weil sich der
kurzfristig denkende Optimierer grundsätzlich nur an Abmachungen hält, sofern sie ihm im Nachhinein immer noch in den Kram passen. Typischerweise ist das natürlich
nicht der Fall, denn die Vorteile aus dem gegebenen Versprechen erhält man
rasch, die Nachteile kommen später und eben nur, wenn man seine Versprechungen einhält.
Der langfristige Optimierer erkennt zwar dieses Problem ebenfalls,
aber er erkennt zudem, dass ihm irgendwann keiner mehr vertraut. Und einige
sehr wertvolle Dinge lassen sich ohne Vertrauen gar nicht bewerkstelligen. Sein
Ruf ist ihm also wichtig. Um nicht zu sagen: teuer. Er ist nicht bereit, den
Ruf zu opfern für einen kurzfristigen Vorteil. Er würde aber jederzeit Versprechen
brechen, wenn er sicher sein könnte, dass niemand davon erfährt. Auch nicht
gerade ein Ausbund von Tugend.
Tieren trauen wir nur sehr eingeschränkt Selbstverpflichtung
zu. Wer sagt schon zu seinem Hund: „Okay, Du kriegst Dein Fressen jetzt, aber
nachher gehst Du mir die Zeitung holen, abgemacht?“ Viele würden aber schon erwarten,
dass der Hund einen gegen Einbrecher verteidigt, obwohl er das nie so direkt versprochen
hat. - Eine wichtige Frage scheint zunächst also, was trauen wir Robotern zu?
In der Praxis ist dies jedoch überraschenderweise ziemlich gleichgültig, denn Menschen
verhalten sich höchst unlogisch: Obwohl die meisten Menschen Robotern die Fähigkeit
absprechen, Versprechungen einzugehen oder umgekehrt, das Einhalten der eigenen
Versprechungen zu erkennen und zu honorieren, benehmen wir uns trotzdem oft so,
als sei dies eben doch der Fall. Haben Sie nicht auch schon Leute beobachtet, die
ihren Computer verflucht haben oder auf ihr Smartphone wütend waren, weil es
ihnen etwa die „versprochene“ Adresse eines Freundes nicht liefern wollte? Wenn
ein sonst so treues Gerät den Dienst plötzlich versagt, wird es beschimpft, als
hätte es seinen Besitzer absichtlich und hinterhältig in eine missliche Lage
gebracht.
Wenn so etwas schon mit einem ziemlich rechteckigen Gerät
passiert, wie behandeln wir dann Maschinen, die so aussehen wie Menschen - und
sich erst noch in verschiedener Hinsicht so verhalten? Werden wir von Ihnen
Emotionen und moralisches Verhalten erwarten oder es ihnen zuschreiben? Das
scheint nicht allzu abwegig. – Dem legendären Komiker Groucho Marx wird folgender
Spruch zugeschrieben: „Ehrlichkeit. Sobald Du sie vortäuschen kannst, hast Du’s
geschafft.“ Scheinbar hat diese Denke nun Eingang in die Programmierstuben
gefunden. Man stellt beispielsweise fest, dass Menschen einer Maschine eher
moralisches Verhalten zugestehen, wenn sie erst zögert, bevor sie sich dann
selbstlos verhält. Der Mensch entpuppt sich also bei genauerem Hinschauen als
äussert leicht manipulierbares Wesen. Aber was passiert mit uns, wenn diese
Manipulierbarkeit systematisch ausgenutzt wird? Wenn diese Ausnutzung wörtlich „zum
Programm“ wird? Welchen Ruf werden sich die Roboter schaffen? Und wird es ein
genereller Ruf sein oder einer, der sich auf bestimmte Modelle beziehen? Oder wird
sich gar jede einzelne Maschine einen individuellen Ruf schaffen?
Prickelnder noch finde ich folgende Frage: Werde ich je
einem Roboter ein Versprechen geben können, ohne mir später wie ein Idiot vorzukommen?
– Ich vermute, eher nicht. Aber dieses Gedankenexperiment zeigt eins: Die Natur
von menschlichen Beziehungen könnte durch die Übertragung auf Maschinen nicht
nur strapaziert werden, es könnte auch zu einer Klärung führen, was im Kern
menschlich ist. Das scheint mir zentral. Ich weiss zwar nicht, was die
Technologie uns künftig noch alles für Möglichkeiten bieten wird, aber ich werde
ihr punkto Menschlichkeit genau auf die Finger schauen. Versprochen.
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